11.02.2013
Rosenmontag in Guinea-Bissau
Es ist Rosenmontag in Guinea-Bissau und ich sitze schon wieder im Flugzeug nach Dakar, das gleich abheben wird.
Der für mich größte Unterschied der anderen westafrikanischen Länder zu Guinea-Bissau, ist, dass diese überwiegend muslimisch sind, jenes aber hauptsächlich christlich-animistisch ist. Das manifestiert sich am offensichtlichsten durch den überall erhältlichen Alkohol. Natürlich wirft das die uns auch in Europa sattsam bekannten Probleme auf; der Kulturminister sagte mir, dass die Regierung Glasflaschen verbieten will, weil die angetrunkenen Jugendlichen die Flaschen zerdeppern und die Reste als "arme blanche" benutzen, um damit aufeinander loszugehen. Übrigens erinnert mich das daran, was mir mein guter Freund O. erzählt hat. Dieser ist ein weltberühmter plastischer Chirurg, dessen erste Doktorarbeit vor vielen Jahren in Kroatien abgelehnt wurde. Seine These war damals, dass die muslimischen Länder seit Jahrhunderten in Erfindungen und Entdeckungen hinterher hinken, weil in ihnen "alles was trunken macht" verboten ist.... Alles hat eben seine zwei Seiten. Auf jeden Fall beeinflusst der Alkohol die Kultur in Guinea-Bissau sichtlich. Gestern nahm mich Carlos mit zum Sonntagessen seines Cousins, wir kauften zwei Flaschen Wein als Gastgeschenk. Kaum waren wir angekommen, holte unser Gastgeber eine frische Flasche Whisky hervor, der wir schon vor dem Essen zusprechen sollten. Dazu gab es als "Chips" hyperkross gebackene Schweinehaut; dieses Gericht muss zweifellos ein arbeitsloser Zahnarzt erfunden haben. Danach wurde - wir waren gegen Mittag angekommen - getafelt und getafelt; es gab gebratene Schweinestückchen in sehr scharfer Soße, wiederum kross gebackene kleine Fische und ein der brasilianischen Feijoada ähnliches Gericht aus Okraschoten, Reis, scharfer Soße und Fleischstücken, alles sehr lecker. Zwischendurch gab's immer wieder Wein, Whisky und Bier, nur die Frauen tranken Bissapsaft. Als gegen siebzehn(!) Uhr gebackene Austern aufgetragen wurden, gab ich auf und machte mich auf den ungefähr fünf Kilometer langen Weg in die Innenstadt durch die bunte, Karneval feiernde Menge. Das Klima in Guinea-Bissau ist brutal; sehr heiß und gleichzeitig feucht und staubig, wenn man das glauben mag. Folgerichtig und aufgrund des reichlichen Essens sank ich dankbar ins Bett meines gut gekühlten Zimmers. Den Leiter des IF in Bissau konnten wir leider nicht sprechen, aber er hatte Carlos schon zugesagt, ein Konzert mit dem BujazzO auszurichten. Ein Hotel haben wir auch schon für die gesamte Gruppe gefunden, und Carlos versucht, sowohl einen Bus zu organisieren als auch ein Schiff, das uns zur Ilha de Bubaque bringen wird, wo das Abschlusskonzert der Tournee stattfinden soll. Viel mehr war in den drei Tagen nicht zu erreichen, in Guinea-Bissau geht alles seinen Gang, wer versucht, irgend etwas zu beschleunigen, wird das Gegenteil erreichen. So bin ich froh, mit Carlos einen zuverlässigen Partner zu haben, der alle Welt kennt und in alle Bevölkerungsschichten vernetzt ist. Ich freue mich schon auf eine Rückkehr nach Bissau!
10.02.2013
Alaaf!
Das erst Mal war ich in Bissau ganz kurz nach dem über 30 Jahre dauernden Krieg gewesen, der das Land in Elend und Armut getrieben hatte. Seitdem bin ich ziemlich regelmäßig alle zwei Jahre gekommen und konnte so die Veränderung im Zeitraffer betrachten. Das erste, was mir diesmal auffiel, war der Straßenverkehr. Gab es vor zehn Jahren außer den Autos der Regierung nur ein paar Uralt-Taxis, so konnte ich dieses Mal schon bei der Fahrt vom Flughafen den ellenlangen Stau bewundern, der sich täglich auf der Ausfallstraße der Stadt bildet. Die allermeisten Straßen sind nicht asphaltiert. Da die Regenzeit in Guinea von Furcht erregender Urgewalt ist, ähneln die Straßen der Stadt den Pisten der Mountainbiker. Es ist ein Wunder, wie die Einheimischen mit ihren oft altersschwachen Vehikeln, diese Wege bezwingen, oft behindert durch liegengebliebene Fahrzeuge, die mit afrikanischer Improvisationskunst und viel Spucke an Ort und Stelle repariert werden; wo auch sonst, denn Abschleppfahrzeuge gibt es genausowenig wie die Müllabfuhr. Nach dem Krieg waren Stromausfälle so häufig (besser gesagt, es gab so selten überhaupt Strom) dass die Einwohner den scheidenden Strom fröhlich mit "Luz Bye" - tschüss Licht - und das Wiederaufflackern des Lichts mit "Luz Bim" - Willkommen, Licht - begrüßten.
Zwar gibt es immer noch häufig Stromausfälle, aber die Situation hat sich merklich verbessert. Inzwischen ähnelt Guinea wieder viel mehr den anderen westafrikanischen Staaten in ihrer Quirligkeit und der Fröhlichkeit der Bewohner; anders als nach dem Krieg, als alles gelähmt darniederlag und der stärkste Eindruck, den ich damals mitnahm, der leere Ausdruck in den Augen der Kinder war. Im Moment ist Karneval in Bissau, der nach portugiesischer Tradition und mit viel einheimischer Musik gefeiert wird. Schwester Alice, eine brasilianische Nonne des Ordens der "Scolapia", also der Schulschwestern ist die Leiterin des örtlichen Gymnasiums. Ich hatte sie kennengelernt, als Carlos und ich ganz zu Anfang den Papierkrieg um unsere Schule ( Eine Schule für Bissau) geführt hatten, sie hat sich tatkräftig um unser Projekt gekümmert. Es gab ein herzliches Wiedersehen und sie lud mich ein, mir das Karnevalsfest ihres Lyzeums anzusehen. Den ganzen Morgen über präsentierten sich die verschiedenen Ethnien Bissaus in ihren typischen Gewändern und Tänzen, für mich eine unschätzbare Gelegenheit, Rhythmen, Bewegungen und Melodien der einzelnen Volksstämme kennenzulernen. Pepel, Balante, Bijagos, Fula, Manjaco, jede Ethnie hat ihre eigenen Traditionen. Das Ganze wurde von Trommeln und Gesängen begleitet, und die ansteckende Fröhlichkeit ließ mich in Zuckungen verfallen, so müssen meine versuchten Tanzbewegungen für die sich vor Lachen die Bäuche haltenden Guineenser ausgesehen haben...
Nach unserer anstrengenden Wiedersehensfeier am Tag zuvor waren Carlos und ich etwas abgeschlagen, sodass wir uns am Spätnachmittag trennten und uns in unsere jeweiligen Behausungen begaben. Endlich hatte ich mal wieder acht Stunden Schlaf! Gleich geht's weiter zur Hotelbesichtigung für das BuJazzO, und hoffentlich können wir noch den Leiter des Institut Francais treffen, der das Konzert in der Hauptstadt organisieren will. Danach werden wir versuchen, auch die Ilha de Bubaque in den Tourneeverlauf einzubeziehen, es gibt heute also Einiges zu tun. Und das Alles im Karneval von Bissau, Alaaf!
08/09.02.2013
Weißwurst in Dakar
Mit diesem wunderbaren Titel meine ich beileibe nicht mich selbst oder einen meiner Landsleute, nein, ich habe gestern bei meinen Gastgebern tatsächlich Weißwurst gegessen. Allerdings wurde diese nicht gekocht, sondern mit Olivenöl in der Pfanne gebraten, hoffentlich war das kein Sakrileg. Zur Besänftigung eventueller glühender Patrioten, die das Braten als Affront empfinden könnten, füge ich schnell hinzu, dass es dazu süßen Senf und echtes deutsches Weißbier, ungebraten, gab, zusätzlich als Beilage Spaghetti mit Parmesankäse. Es hat himmlisch geschmeckt. Sonst hätte ich auch wirklich Probleme bekommen, denn heute morgen gab es vor dem sehr frühen Abflug nach Bissau erstmal nichts zu essen. Carlos holte mich vom Flughafen ab (schon wieder Grenzmagie, ich bekam anstandslos ein Gratisvisum). Wir haben eine Verabredung mit dem Kultusminister von Bissau. Allerdings kommt der Karneval dazwischen, wir sitzen im Ministerium und warten, dass der Minister die Schönheitskönigin der westafrikanischen Staaten krönt. Kein schlechter Job, und eigentlich auch angenehm für Auge und Herz, wenn mir nicht der Magen bis zu den Schuhen herunterhängen würde, ich musste ihn schon mehrfach wieder hochziehen. Wenn ich doch nur eine Weißwurst hätte, gebraten, gekocht, geraspelt oder püriert, her damit!
Später
Schließlich empfing uns der Minister, der übrigens sehr gut Deutsch spricht, seine Frau war Deutsche und er hat das Fach früher unterrichtet. So war es ein Leichtes, sich mit ihm zu verständigen. Er versicherte uns seiner vollen Unterstützung und gab dem Generalsekretär Anweisung, mit uns zusammen zu arbeiten. Er sagte mir wörtlich: "Wir sind zwar arm, aber wir öffnen unsere Herzen..." Gegen Ende des Gesprächs sprach ich ihn auf das allgegenwärtige Plastik an, erwähnte das positive Beispiel Mauretaniens und bat ihn, darauf einzuwirken, dass auch in Guinea der Verkauf von Plastiktüten verboten werde. Er antwortete mir, dass das entsprechende Gesetz schon auf den Weg gebracht sei, eine gute Nachricht, und dass es übrigens eine mauretanische Firma sei, die das Gros des Profits mit Plastiktüten gemacht habe....so, so. Auf jeden Fall wird das BujazzO mit den afrikanischen Künstlern und seinem Programm hochwillkommen sein. Carlos und ich werden in den folgenden Tagen das Programm für Guinea ausarbeiten und gemeinsam mit dem Generalsekretär in die Wege leiten.
Dann ging es endlich! zum Essen. Carlos und ich hatten uns seit einigen Monaten nicht gesehen, und so feierten wir unser Wiedersehen anständig mit den guineeischen Camaroes, darauf hin gab es Pica, einen der Goldbrasse ähnlichen Fisch und - da Guinea ein überwiegend christlich-animistisches Land ist, trinkt man dort Alkohol - einen guten Brandy oder zwei. Der Abend endete in den sogenannten Barracas, die für den Karneval aufgebaut werden, erst gegen Mitternacht. Schön, schon wieder von Freunden empfangen zu werden!
08.02.2013
Gedanken zur Nacht
Es ist vier Uhr morgens und ich liege wie fast jede Nacht in Afrika wach und versuche, die Eindrücke und Bilder dieser intensiven Reise zu verarbeiten. Heute möchte ich eine andere Geschichte erzählen, die ich vor einigen Jahren auf der indonesischen Insel Lombok erlebt habe. Ich war mit der Fähre aus Bali gekommen und hatte mir ein Moped gemietet, mit dem ich quer durch die Insel auf die andere Seite in den kleinen Ort Kuta geknattert war. Dort angekommen, hielt ich auf der Straße jemanden an und fragte ihn, wie die vorherrschende Musik der Insel heiße und ob ich wohl etwas davon hören könne. Der freundliche junge Mann antwortete mir, dass die traditionelle Musik "Sassak" sei, schwang sich auf meinen Rücksitz und dirigierte mich einige Kilometer durch die Landschaft, bis wir in einem kleinen Dorf ankamen. Dort war gerade auf dem Dorfplatz eine Probe im Gange, etwa 12 Musiker spielten, hauptsächlich auf selbstgebauten Instrumenten, die entfernt der Gitarre ähnelten. Die Musik war sehr rhythmisch und tatsächlich gehörten zur Gruppe einige wunderschöne Tänzerinnen in ihren traditionellen Gewändern. Ein kleines Kinderkeyboard stand unbenutzt dabei und ich fragte, ob ich wohl...? Na klar, war die Antwort (soweit ich verstand; denn Englisch sprach dort niemand und ich musste mich mit den wenigen Worten der Bahasa Indonesia behelfen, die ich im Laufe meiner Reise aufgeschnappt hatte), und so spielte ich mit, so gut ich konnte. Es schien den Kollegen zu gefallen, denn zwanzig Minuten später war die Probe vorbei und ich wurde aufgefordert, zusammen mit ihnen zu einem Gig zu fahren. Ein LKW kam, auf deren Pritsche Verstärker und Musiker geladen wurden, und wir holperten alsbald durch den Dschungel zu einem anderen Ort, wo eine große muslimische Hochzeit stattfand. Am Eingang des Dorfes lag eine frisch geschlachtete Kuh, jeder musste sie berühren, um an ihrer Wärme zu spüren, das sie vor kurzem noch gelebt hatte. Wir bauten neben dem Ziegenstall auf, man servierte uns zu essen, ich bekam das traditionelle Gewand umgeschlungen und schon ging's los. Wir spielten mehrere Stunden, immer wieder unterbrochen von weiteren Essenspausen, bis das örtliche Gamelanorcnester eintraf und übernahm. Die Kollegen luden ihre Instrumente wieder auf den LKW und wollten mit mir zur nächsten Hochzeit fahren, was ich aber ablehnte, weil ich ja eigentlich Urlaub machen wollte. Nach längerem Disput gab es einen herzlichen Abschied und ich kehrte zu meinem kleinen Hotel in Kuta zurück.
Dieses Erlebnis hat mich tief beeinflusst, denn weiter weg von meiner Heimat hätte ich kaum sein können, und hatte nach nur wenigen Stunden eine Möglichkeit gefunden, mit dem, was ich konnte zu überleben und in engen Kontakt mit der Bevölkerung zu kommen. Tatsächlich hätte ich auf der Insel bleiben können, eine Schule aufmachen(wozu ich gleich aufgefordert wurde) und eine Sassak-Karriere starten können. Diese Unabhängigkeit ließ mich mich frei fühlen und ich habe dieses Erlebnis nie vergessen; es hat mir oft über bittere Stunden, in denen ich wieder einmal mit Kleinkrämerei und Missgunst (das kennt jeder Künstler) zu kämpfen hatte; wusste ich doch, ich konnte, wenn ich wollte, einfach überall hingehen und überleben!
Dieses Gefühl der Verbundenheit mit der Bruderschaft der Musiker habe ich auch hier in Afrika. Überall treffe ich hier als Musiker auf offene Herzen und Geister, keine Tür bleibt verschlossen, man nimmt mich auf, mit Geld oder ohne. Gestern Abend habe ich, wie immer, wenn ich in Dakar bin, Ousmane besucht. Der besitzt ein kleines Bürgersteiggeschäft unweit des Institut Francais in der Innenstadt und ist ein Musikweiser mit immensem Wissen über afrikanische Musik sowie einem Blick und Herzen für Talente. Bei ihm habe ich auf einem Kinderspielzeug zum ersten Mal mit Djiby gespielt, den Ousmane behrbergt und verköstigt hatte, als er mittellos aus Burkina Faso gekommen war; den Kopf voller Sterne und dem unbedingten Wunsch, Youssou N'Dour, den berühmten Musiker und jetzigen Minister kennenzulernen. Ousmane hat Djiby geerdet, ihm geraten, nicht irgend etwas hinterherzulaufen, sondern sich auf sein Instrument und seine Musik zu konzentrieren, ein weiser Rat! Ist es ein Wunder, dass ich diesen lächelnden Mann mit seinem schlechten Gebiss mehr respektiere als so manchen aufgeblasenen Möchtegernegroß und Sesselfurzer meiner Heimat? Gedanken zur Nacht....
P.S. Zeit aufzustehen, gleich muss ich zum Flughafen, es geht nach Guinea-Bissau. Ich freue mich besonders auf meinen Freund Carlos Robalo, ein weiteres Exemplar der Spezies Gross und Gut, von dem ich viel über afrikanische Musik gelernt habe und der mich am Flughafen erwartet, da ich kein Visum habe und offensichtlich keins brauche. Wir werden sehen!
25.01.2013
Modern Life
Heute morgen nun sollte ich aufbrechen zu meiner Reise nach Westafrika. Anfang letzten Jahres hatte mich das Goethe-Institut mit einer einmonatigen künstlerischen Residenz in Westafrika - namentlich Senegal, Mali und Mauretanien - bedacht, und ich hatte diese wunderbare Reise mit dem Ziel verknüpft, eine Begegnung des Bundesjazzorchesters mit afrikanischen Musikern zu ermöglichen. Tatsächlich ergaben sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die mich und meinen Partner im Deutschen Musikrat, Dominik Seidler, ermutigten, ein derartiges Projekt in Angriff zu nehmen. Ich hatte einige herausragende afrikanische Musiker kennengelernt, sowie Unterstützer beim Goethe-Institut, der Deutschen Botschaft und bei offiziellen und inoffiziellen Stellen der afrikanischen Kultur gefunden. Im Mai nun soll eine mit einem Workshop verbundene Tournee durch Westafrika durchgeführt werden, und meine jetzige Reise dient der Vorbereitung.
Durch die politischen Entwicklungen der letzten Wochen ist es leider unmöglich geworden, mit dem Orchester nach Mali zu reisen - welch ein Jammer! Die Hauptstadt Bamako vibriert vor Musik, das Leben ist nicht einfach, aber bei meinem Aufenthalt in Bamako habe ich neben der mehr als ein Jahrtausend alten Kultur einen aufgeschlossenen und fröhlichen afrikanischen Islam erlebt, da geht kein Gedanke in Richtung Scharia oder Burka. Meine Freunde in Bamako beklagen in Telefonaten den Stillstand des täglichen Lebens, der ihnen von den zumeist staatsfremden Invasoren, die im Norden ihr Regime aufbauen, aufgezwungen wird. Meiner Meinung nach haben sich Al Kaida und ihre Unterorganisationen strategisch ausgesprochen clever in eine Gegend der jahrhundertealten knüppelharten institutionalisierten Nord-Süd-Ausbeutung begeben, um ihre Vision eines Gottesstaates unter einem - wenn auch sehr fadenscheinigen, jedoch mit reichlich Geld islamistischer Ölemporkömmlinge finanzierten - Banner des Abwurfs des Jochs der Unterdrückung in ihre freudlose Ausübung zu überführen, mit Schleier, Händeabhacken und gleichzeitigem Beten, effektiv und schleimig, pfui Teufel!
Ich bin gespannt, wie sich die Situation nach meinem letzen Besuch in Westafrika nun darstellt. Mauretanien will ich wieder besuchen, obwohl nicht klar ist, ob wir mit dem Orchester dorthin reisen können, das werde ich erst nach meinem Aufenthalt wissen. Aber ich möchte die Sängerin Maalouma und ihren Gitarristen Ali Ndao wiedersehen und sie in unser Projekt einbinden. In Saint-Louis im Senegal werde ich unter anderem den Koraspieler Ablaye Sissoko besuchen und in Dakar den Balaphonisten Djiby Diabate. Schlussendlich fliege ich von Dakar nach Guinea-Bissau, wo mein Freund Carlos Robalo uns den Weg bereiten wird, In'ch Allah, so muss man in Westafrika sagen.
Zur Zeit ist mein Freund Heiner Wiberny in Dakar und arbeitet zusammen mit dem Goethe-Institut und afrikanischen Musikern über den Jazz im Dreieck Afrika - Amerika - Europa, sodass er gemeinsam mit den senegalesischen Musikern unter anderem Bebopstücke übt und aufführt, das finde ich gut! Heute Abend ist sein Abschlusskonzert im "Just for You" in Dakar, da wären doch gerne einige von uns dabei, nicht wahr?
So auch ich, aber leider soll mein Flugzeug erst gegen Mitternacht ankommen, so dass ich Heiner und seine Frau Ulla erst am Samstag Abend zu einem Abschiedsessen sehe, so dachte ich.
Denn heute morgen bin ich zwar aufgebrochen zu meiner Reise, diese wurde aber gleich schon am Flughafen Düsseldorf wieder unterbrochen. Entgegen der Versicherung der Hotline (warum glaube ich eigentlich perfekt Deutsch sprechenden Indern in Bangalore, die 8000 km vom Schuss entfernt sitzen? Selber Schuld!) beeinträchtigte der Streik des Sicherheitspersonals den Betrieb des Flughafens dermaßen, dass alle Passagiere "meiner" Maschine an einem privilegierten Platz vor einer Schuhboutique (Boots, die aussehen wie meine Hausschuhe, für 220 Euro; und noch nicht mal mit Fußbett, sagte die Dame neben mir zu ihren beiden Freundinnen) zusammengetrieben wurden, wo man uns fünf Minuten vor geplantem Abflug mitteilte, dass der Pilot die Nase voll hätte und jetzt mit leerer Maschine nach Madrid abheben würde, adios. Naja, ganz so hat man uns das nicht gesagt, obwohl die nette Spanierin vor mir meinte, dass das gestern genauso gewesen wäre und sie jetzt aufgeben und bis Montag in Düsseldorf bleiben würde. Wie wir schließlich wieder an unsere Koffer und dann trotz Notarzteinsatzes an den Gleisen der Bundesbahnstrecke Düsseldorf - Köln wieder an Orte der Vernetzung kamen, will ich meinen Lesern ersparen. Jedenfalls sitze ich jetzt voll für meine Reise gerüstet wieder auf meinem Sofa und denke mir, wer weiß wofür's gut war. Morgen probier ich's wieder, aber dann von Frankfurt.